Radiomuseum

Am Sonntag hatte ich predigtfrei und befand mich inmitten meines umständehalber selbst erteilten Sportverbots. Außerdem hätte ich mir dringend die Nägel maniküren müssen. Mir blieb also nur die Flucht.

Fotocollage aus neun Bildern (1-9) im Text erklärt.

Die führte mich zum Radio- und Telefonmuseum im Verstärkeramt e.V. in Wiedenbrück, das sich stadtauswärts in den Katakomben eines alten, malerischen Gehöftes verbarg.

An einem Törchen neben der großzügigen Einfahrt prangte ein gelbes Emailleschild (1) mit Wappen und der Aufschrift „K. Post-Expedition und Telegraphen-Station“. Das Eingangsportal stand offen und dann ging es erst einmal zwei große steile Treppen hinab. Jetzt tat sich nach links ein langer Gang (2) auf, mit unzähligen Fernsehern, Türen, alten Uhren, Lampen, Plunder zu beiden Seiten. Die einzelnen Räume des Museums waren liebevoll gestaltet und zugleich vollgestopft mit allerhand Elektrosachen: Radios, Röhren, Telefone, Tonbandgeräte, Fernseher, Plattenspieler, Jukeboxen, Schallplatten, Grammophone. Es hat mich fast ein bisschen erschlagen. Die Fülle war das Eine, aber es stiegen auch viele Erinnerungen auf. Zusammen mit dem kellerigen Geruch der Katakomben war das bisweilen schwer und ich musste zwischendurch ein paar Mal schlucken.

Sogar die Mainzelmännchen, die es früher als kleine Plastikpüppchen (3) gab, waren da. Außerdem eines von mehreren nachgestellten Wohnzimmern (4) mit Möbeln und Geräten aus den 50ern, deren Sofa und Sessel ich genau so als Kind bei unserer Änderungsschneiderin gesehen hatte. Ein Grammophon gab es ebenfalls, mit großem Trichter (5) wie bei dem Plattenlabel „His Master’s Voice“, mit dessen Plakette direkt daneben. In einem Raum waren zwei Tische voller Telefone. Auf dem kleineren fand ich ein Bakelittelefon (6), wie wir es auch im Gymnasium hatten: Es stand am Haupteingang hinter den Fenstern der Pforte, die genau den kleinen Spalt geöffnet waren, dass man den Hörer abnehmen und vorne 20 Pfennig für den Anruf einlegen konnte. Weiter hinten waren ein Raum voller Funkgeräte und ein Tisch mit lauter Morsetasten (7); ein weiterer Durchgang auf der anderen Seite führte zu Regalen mit jeder Menge Radios (8). Auch hier erkannte ich einige aus früheren Zeiten wieder.

Ich bin nur eine Dreiviertelstunde in dem Museum gewesen. Mir genügte das, um übervoll von Eindrücken zu sein. Wieder zurück in der hiesigen Stadt kehrte ich noch in den Ratskeller zu einem Krustenbraten mit zweifach Kraut und Knödeln (9) ein. Danach fuhr ich nach Hause. Die Maniküre mache ich auch noch… Irgendwann.