Sommerweiber

Seit drei Wochen ist die Enkelin ein Schulkind und gestern fand ein Tag der offenen Tür statt. So konnte sich Oma Pressepfarrerin abseits ihres großmütterlichen Lampenfiebers bei der Einschulung alles noch einmal in Ruhe angucken und zeigen lassen.

Der linke Arm der Enkelin im gestreiften Pulli, den Pinsel in der Hand. Sie malt einen Kreis in orange aus, daneben ist bereits ein kleinerer in gelb. Man sieht außerdem eine blonde Haarsträhne und ein bisschen was vom Malkasten.

Die Enkelin hat sich gut in die Schule eingefunden. Die Kinder haben jetzt nicht mehr „Sprache“, sondern von Anfang an „Deutsch“; der Religionsunterricht ist per se ökumenisch (was ich befürworte) und die Klassenzimmer sind so schön und ideenreich gestaltet, dass es eine Freude ist.

An jedem Sitzplatz befinden sich zwei Schubladen für Hefte und Sachen. Die Stühle der Kinder haben Fußstützen, sodass sie quasi mitwachsen. Eines meiner Highlights war die Schultage-Zählmaschine mit Holzkugeln zum Aufstecken für Einer, Zehner und Hunderter. Außerdem weiß ich jetzt, wie man heutzutage eine 2 schreibt: „Buckel, Rutschbahn, Boden – die Zwei ist schnell gezogen.“ Besonders beeindruckt bin ich aber vom Zeichentalent der Enkelin, geduldig und selbst mit Wasserfarben kaum über den Rand.

Durch die pinken und violetten Astern oder Chrysanthemen hindurch, die am Rand der Kirchenbänke mit hellgrünen Schleifen befestigt sind, nach vorne Richtung Altar fotografiert: Die Blumen vorne scharf und hinten unscharf, aber erkennbar ein Brautpaar aus zwei Bräuten in weißen Brautkleidern. Das Bild wirkt durch die Blumen im Vordergrund und das weichgezeichnete Paar im Hintergrund romantisch und gleichzeitig diskret.
Foto: @kircheheide

Dass ich wegen Corona nicht auf die Hochzeit konnte, auf die ich mich so gefreut hatte, erwähnte ich bereits. Bevor meine Stimme ganz weg war, hatte ich noch einen Videogruß für das Brautpaar aufgenommen, aber leider spielte bei der Feier die Technik nicht mit (Gemeindehaus, ach ja). Trotzdem sorgten Freund:innen des Paares dafür, dass ich mir nicht abgemeldet vorkam. Direkt nach der Trauung bekam ich Fotos ans Krankenlager geschickt und das Brautpaar schrieb mir, sobald in den Tagen darauf etwas Zeit und Ruhe eingekehrt war. Das hat mich getröstet und im Rahmen der Umstände gefreut. Auch wenn ich nicht dabei war, ist diese Trauung für mich etwas sehr Besonderes. „… aber Gott gedachte es gut zu machen“ (Gen 50,20b), heißt es passend in der Josephsgeschichte, die aktuell zu einer queeren Auslegung findet. Dazu ist es die zweite Trauung eines Paares, das sich bei der Twomplet kennengelernt hat, diesesmal ökumenisch und eben queer.

Ein kniehoher Tisch mit weißem Tischtuch als Altar. Darauf fünf Blumensträuße, Altarkerze und Bibel. Mehrere Packungen Celebrations, drei Karten mit Sinnsprüchen, ein kleines Fischernetz, Pflaster und Bepanthen. Vor dem Altar eine Gitarre, ein Liederbuch, eine Holzarche (für Kinder), ein Nilschwein aus Holz; Brot, Kekse, ein Feuerlöscher und weitere Symbole.
(Das war auf der Versammlung: Altarsachen als Altarsachen, Blumen und Schoki für später als Dank, die Symbole haben die Gemeinden für die Vorstellungsrunde mitgebracht.)

Die Versammlung unserer kreiskirchlichen Region, die ich zusammen mit zwei Presbyter:innen vorbereitet hatte, hat ebenfalls stattgefunden. Alles ist bestens gelaufen und die Atmosphäre war auch gut. Meinen Part als Hauptamtliche in der Orgagruppe verdankte ich der Tatsache, dass ich im Vorfeld die Klappe nicht halten konnte und darum gefragt wurde, ob ich mich dann nicht auch einbringen will. So konnte ich endlich einmal wieder ein größeres Register im Kommunikationsmanagement ziehen. Das passte auch deswegen gut, weil wir in der Gemeinde zurzeit keine Konfis haben und das Jahr zusammen mit der Nachbargemeinde für die Erarbeitung eines neuen Konfikonzeptes nutzen. Da hatte ich noch Zeit übrig. Meine Kritik an den kirchlichen Strukturen linderte das zwar nicht, aber es hob meine Stimmung.

Seit Anfang September steht wieder regelmäßig ein Blumenstrauß im Wohnzimmer. Am Dienstag nahm ich die erste Kastanie mit, die ich fand, auf dass ich alle anderen liegen lasse, was mir nicht immer gelingt. Heute Morgen machte ich die Balkontür zum ersten Mal in der zweiten Jahreshälfte nach dem Lüften wieder zu, weil es zu kalt wurde. Seit heute Mittag habe ich Urlaub. So dankbar ich für die geschilderten Ereignisse bin, alles in vier Wochen hintereinander weg war doch recht anstrengend, dazu Corona und das BarCamp war ja auch noch. Ich freue mich auf zwei Wochen Ruhe. Derweil wird es Herbst.


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