19.08.2005 – 28.03.2024
Der #NeoKater wurde am 19. August 2005 in Hattingen geboren und erhielt den Namen Pelle. Er lebte wohl als reine Hauskatze bei einem Ehepaar, doch als die ein Kind erwarteten, brachten sie ihn ins Tierheim. Da er Probleme mit der Blase hatte, sollte er nur an jemanden vermittelt werden, der sich verpflichtete, ihm Spezialfutter zu geben und damit umzugehen. So kam er zu mir und dem #DiätKater, der ja auch ein Blasenkater war. Das war am 13. November 2014. Da war der #NeoKater bereits 9 Jahre alt.
Es war ein schwieriger Anfang. Dem #NeoKater war anzumerken, wie sehr er sich bemühte, alles richtig zu machen. Gleichzeitig kannte er kein einziges Kommando, weder durch Zurufe noch durch Händeklatschen oder mit dem Fuß aufstampfen. Mit dem #DiätKater verstand er sich auch nicht. Der betrachtete ihn als Eindringling. Außerdem waren die #ZweiHerren ausgewachsene Kerle alter Schule. Zuneigungsbekundungen kamen da ohnehin nicht in Frage.
Was ich im ersten Jahr an Tierarztkosten ausgegeben habe, hätte genügt, um eine Rassekatze aus purem Gold anzuschaffen, wie ich damals zu sagen pflegte. Zwischenzeitlich hatten wir fünf Katzenklos in der Wohnung. Ich ließ sogar eine Katzenflüsterin kommen, bei der ich viel über das Toilettenmanagement bei Katzen lernte. Aber nichts half. Der #NeoKater stand irgendwie immer unter Druck, den er nur loswurde, wenn er irgendwo hinpinkelte.
Bis wir ins Pfarrhouse zogen. Für den #NeoKater war das eine Offenbarung. Zuerst wurden in dem großen Haus die Karten zwischen ihm und dem #DiätKater neu gemischt. Dann ging es raus in den Pfarrgarten. Das wars. Der #NeoKater war einfach kein Stubentiger, sondern musste nach draußen. Zwar nur in der warmen Jahreszeit und immer in Rufweite, aber das unbedingt. Er wurde schlagartig gesund.
Im Pfarrgarten verlebte er seine glücklichste Zeit. Kletterte in seinem heißgeliebten Ufer herum, fing jede Menge Spitzmäuse und lief über die Wiese. Aus dem verdrucksten kleinen Kerl wurde ein lustiger, fröhlicher Kater, unglaublich verschmust, anhänglich und voller Vertrauen. Zu Hause war er fast immer bei mir, wenn ich in der Küche beschäftigt war und saß oder schlief neben mir auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer. Nachts lag er Rücken an Rücken oder über meinem Kopf bei mir im Bett und wenn ich krank war, wich er bis zum Morgen nicht von meiner Seite. Dass mein Corona-Test wieder negativ war, wusste ich daher schon vorher durch ihn.
Auch der #DiätKater schloss mit ihm Waffenstillstand, jedenfalls meistens. Ab und zu verprügelte er den #NeoKater trotzdem. Der rächte sich, indem er jeden zarten Versuch, es doch einmal mit Kuscheln zu versuchen, fauchend zurückwies. Die #ZweiHerren einigten sich auf eine paritätische Gemeinschaft, in der alles gerecht aufgeteilt wurde, sodass sie oft nahezu völlig symmetrisch auf Bett, Sofa, Sessel und Fußbank lagen.
Als wir das Pfarrhouse verließen, suchte ich darum eine Wohnung in der Parterre, damit der #NeoKater wieder rauskonnte. Das vollführte er über den Balkon. Durch die Spalte links auf die Wiese und mit einem Sprung von 1,60 m aus dem Stand auf das Geländer rechts wieder zurück. Als er nach einem Jahr klar hatte, dass sein Revier an der Straße endete, sodass er die spätabends nicht mehr überquerte, lief alles wieder perfekt. Neuer Lieblingsort draußen wurde nun ein Gebüsch in Sichtweite, direkt hinter einer Bushaltestelle. Ich möchte gar nicht wissen, was er dort alles gefunden hat. Seine Blase meldete sich weiterhin nur noch selten und wenn, kriegten wir das in den meisten Fällen mit Metacam und Urocidpaste schnell selbst in den Griff. Das hatten wir noch seinem Tierarzt am Pfarrhouse zu verdanken.
Doch im November 2022, also vor etwa anderthalb Jahren, als der #NeoKater schon über 17 Jahre alt war, wurde alles anders. Durch sein Alter bekam er Bluthochdruck und erblindete. Bei seinen letzten Spaziergängen draußen und Sprüngen zurück hat er wahrscheinlich schon kaum bis gar nichts mehr gesehen. Trotzdem stromerte er ab den ersten wärmeren Tagen im Februar sofort wieder draußen herum, wenn auch weniger. Nach einem letzten Versuch im Juni merkte er schließlich selbst, dass es nicht mehr ging und verließ den Balkon nicht mehr. Seine Neugier und Verspieltheit bekamen endgültig einen krassen Dämpfer.
Ich besprach mit der tiermedizinischen Augenärztin, ob einem kleinen Abenteurer wie dem #NeoKater so ein Leben zuzumuten wäre. Doch sie beruhigte mich. Blinde Katzen lernen, ihre anderen Sinne mehr zu nutzen, wodurch ihr Leben lebenswert bleibt. Und tatsächlich klappte es. Auch meine Erziehung machte sich jetzt bezahlt. Der #NeoKater konnte an meiner Stimme genau erkennen, was er tun oder lassen sollte, wenn er aufgrund des fehlenden Augenlichtes Orientierung brauchte. Die Dinge spielten sich ein, auch wenn eine leise Skepsis bei mir im Hinterkopf blieb.
Dann hatten wir im letzten Mai einen Wasserschaden, mit Trocknungsgeräten und vielen Handwerkern im Haus. Das stresste den #NeoKater so sehr, dass er sich eine wirklich schwere Blasenentzündung zuzog. Drei Wochen dauerte es, bis ich ihn mit den Katzenklos wieder stubenrein im Badezimmer hatte. Ein verändertes Toilettenkonzept kam hinzu. Doch so richtig lief es nicht. Wieder besprach ich mich mit einer Tierärztin in der Klinik, dieses Mal eine andere. Das war am 31. August 2023. Sie schlug vor, das Schmerz-Beruhigungsmittel auszuschleichen und es statt dessen mit einer monatlichen Arthrosespritze zu versuchen. Und siehe da, der kleine Wicht blühte im Rahmen der Umstände wieder auf.
Trotzdem wurde er immer weniger, der Schlaf länger, der Radius kleiner. Auch die Wohnung machte nicht mehr so richtig mit. Türen waren auf einmal nicht mehr da, wo er sie ursprünglich durchschritten hatte und manchmal musste er erst überlegen, wie das nochmal mit dem Futter ging. Im März war er dann so schwach, dass er kaum noch laufen konnte. Am 13. März 2024 brachte ich ihn zu der Ärztin, die ihm auch die Arthrosespritze verschrieben hatte. Wieder führten wir ein palliatives Gespräch, dazu machte sie ein Blutbild. Der #NeoKater hatte Kaliummangel und erhielt ein Pulver zum Einnehmen. Das half. Er hörte auf zu brechen und richtete sich zunehmend wieder auf.
Aber am Wochenende zu Palmsonntag hat es irgendeinen Schub gegeben. Auf einmal war der #NeoKater wieder völlig schwach, es ging fast nichts mehr. Den Kardienstag verbrachte er nur noch im Sessel. Ich war mehrere Stunden im Arbeitszimmer mit meiner Wiedereingliederung beschäftigt, er sah noch nicht einmal um die Ecke. Abends nahm ich ihn mir auf den Schoß und fing an zu weinen. Da richtete er sich auf, umarmte mich, wie er es lange nicht mehr tat, mit beiden Vorderpfoten auf meiner linken Schulter und seiner Wange an meiner und wir kuschelten. Nach einiger Zeit stieg er wieder herab und wechselte rüber aufs Sofa. Es war wie ein Abschied. Es war der Abschied, wie ich feststellte, als ich ihn in den Tagen darauf noch zwei Mal zu mir holte, damit er sich nicht abgemeldet fühlte. Doch das wollte er nicht mehr.
Am Gründonnerstag, dem 28. März 2024, verschoben wir den Tierarzttermin des #DiätKaters und Frau K. und ich brachen allein mit dem #NeoKater zur Tierklinik auf. Wir hatten einen Termin bei der Ärztin, bei der ich auch die vorherigen Male mit ihm war. Sie nahm sich Zeit, fragte, ob man es nicht noch zwei Wochen mit Kalium und neuer Arthrosespritze versuchen sollte. Nein. Ich traf die Entscheidung, für den #NeoKater, den kleinen Kämpfer, und für uns als Familie. Als die Ärztin in seinem Ohr sicherheitshalber noch einmal Fieber maß, hatte er nur 37 °C. Normal wären zwischen 38 °C und 39 °C gewesen.
Anschließend nahmen wir den #NeoKater wieder mit nach Hause. Ich trug ihn in einem Handtuch, das ich mit zur Tierklinik genommen hatte, auf meinen Armen. Daheim musste ich erst ein bisschen räumen, um mich zu bewegen. Ich baute das Badezimmer wieder um, das hatte ich mir vorgenommen und stellte das Schuhregal wieder in den Flur zurück. Ich brauchte ein Zeichen, dass auch die Pflege, die durchaus anstrengend war, jetzt vorbei ist. Danach saßen wir gemeinsam im Wohnzimmer. Ich hielt den #NeoKater noch einmal lange, während wir redeten. Dann bahrten Frau K. und ich ihn auf dem Sitzwürfel auf und setzten uns zum Essen. Weil Gründonnerstag war, gab es Spaghetti mit veganem (grünen) Erbsenpesto.
Das Bestattungsunternehmen würde erst an Karfreitag kommen, wie wir am Telefon erfuhren. Mich ärgerte das sehr. Ein Beerdigungsunternehmen, das keine Zeit hat, einen Verstorbenen zu holen, ist in meinem Kopf nicht vorgesehen. Aber für den #DiätKater war es gut. Als Frau K. weg war, setzte er sich immer wieder neben den #NeoKater, um neben ihm zu wachen und hatte außerdem noch die ganze Nacht in Ruhe mit ihm. Für mich bedeutete es hingegen am nächsten Morgen einen weiteren Abschiedstag.
Frau K. nahm das Auto am Abend noch einmal mit (mit dem Römertopf und dem Klapptisch). Am Ostermontag kommt sie zum Essen und wir gehen ein bisschen an die frische Luft. Abends fährt sie dann mit dem Zug zurück und das Auto bleibt hier.
Der #NeoKater wurde am Karfreitag Mittag von Tierbestattung Rosengarten abgeholt. Die Bestatterin war sehr nett. Ich trug ihr meinen gestrigen Ärger in sachlichem Tonfall vor, das Telefonat hatte glücklicherweise Frau K. geführt. Der #NeoKater wird eingeäschert. Ich kann ihn wie gewünscht in etwa zehn Tagen bei Rosengarten abholen. Wo er beerdigt wird, weiß ich noch nicht. Eine Schmuckurne habe ich darum noch nicht ausgesucht. Nachdem alles besprochen war, legten wir den #NeoKater gemeinsam in die Transportwanne. Ich trug ihn zum Bestattungswagen und winkte ihm noch hinterher. Dann rief ich Frau K. an. Der Rest des Tages verging irgendwie. Abends schlief ich erschöpft von den Ereignissen und so viel Weinen um kurz vor acht ein.
Halleluja! Lobet im Himmel den Namen Gottes, lobet ihn in der Höhe!
Lobet ihn, alle seine Engel, lobet ihn, all sein Heer.
Die sollen loben den Namen Gottes;
denn er gebot, da wurden sie geschaffen.
Lobet Gott auf Erden, ihr Tiere und alles Vieh.
Ps 148, 1.5.10a
Es wird Ostern. Der Herr steht auf.
Pressepfarrerin 