
Ich bin mit der Museumsbahn gefahren! Johanna hatte mir kürzlich einen Link geschickt, ob das nicht etwas für mich wäre: An Himmelfahrt mit der Eisenbahn vom hiesigen Hauptbahnhof zum Haller Willem, dem Stadtfest von Halle (Westfalen) und wieder zurück.
Doch bis ich endlich meinen Platz in der Holzklasse (1) eingenommen hatte, war es gar nicht so einfach. Die Zeiten auf dem Fahrplan des Eisenbahnvereins und auf dem Ausdruck des Tourismusvereins für die Reservierung stimmten nicht überein; am Hauptbahnhof war nichts ausgeschildert, die Tage vorher am Tourismustelefon und heute am Infostand im Bahnhof wussten sie auch nicht so recht Bescheid. Dann gab es in vorletzter Minute noch einen Gleiswechsel. Das hätte ich mir insgesamt besser organisiert gewünscht.
Immerhin hatte ich mitbekommen, dass statt einer Dampflok eine Diesellok V 160 die Waggons aus den 20er Jahren zieht. Mein Bruder hatte sie damals als Fleischmann H0, weswegen ich sofort begeistert war. Meiner Sitznachbarin musste ich hingegen erst erklären, dass diese Lok wirklich ein richtiger Oldtimer ist, der Vergleich mit Kofferradios und Bienenkorbfrisuren half. So gerieten wir ins Gespräch. Sie hatte ihren Vater auf diesen Ausflug eingeladen und kam aus Meinerzhagen, also ganz in der Nähe meiner Heimatstadt.
Die Dampflok war nämlich durch den TÜV gefallen, wie die Kinder und Jugendlichen vom Eisenbahnverein zu berichten wussten, die deswegen mit einer alten Ölkanne für Spenden (2) und einem Korb mit Getränken durch die Wagen zogen. Eine Dampflok muss alle acht Jahre, ihr Heizkessel alle drei Jahre zur Hauptuntersuchung. Das hatte die Lok letztes Mal nicht bestanden, sodass sie repariert werden muss.
Doch die Stimmung war trotzdem gut. Es gab alte Fahrkarten (3), die mit der Lochzange entwertet wurden, alle wunderten sich, wie laut Zugfahren damals war und die Waggons aus den Zwanzigern (4) sahen genauso altmodisch aus, wie man sich das vorstellt. Als die Diesellok in den hiesigen Bahnhof einfuhr und ich sie dabei fotografierte, schoss der Vater meiner sauerländischen Sitznachbarin ebenfalls ein Foto, unbeabsichtigt mit mir in Rückenansicht drauf (5). Das fand ich gut und bekam es auf meine Bitte auch gleich zugeschickt.
Der Haller Willem grenzte direkt an den dortigen Bahnhof an. Ich bummelte ihn vergleichsweise zielstrebig ab, denn ich hatte Hunger und mir vorgenommen, auf dem Stadtfest zu essen. Und was soll ich sagen: Es gab einen Hot-Dog-Stand mit richtigen Frikandeln, Pommes und Schmorzwiebeln (6). Das hatte ich nicht mehr gegessen, seit ich im Ruhrgebiet nicht mehr auf dem Weihnachtsmarkt war, also seit bald acht Jahren nicht. Die Freude war entsprechend groß und der Appetit auch! Doch damit nicht genug: Ich suche seit längerem eine Möglichkeit, auch im Winter und vielleicht beim Training mit anderen Bogen zu schießen. Tatsächlich gibt es in Halle einen Bogensportverein, der auf der Wiese hinter dem Rathaus drei Scheiben (7) und einen Infostand aufgebaut hatte. Sie schießen im Winter in einer Turnhalle, wie ich erfuhr; man gab mir einen Handzettel mit Kontaktdaten mit. Der Ausflug hat sich gleich doppelt und dreifach gelohnt.
Schließlich nahm ich noch am Entenangeln (8) teil. Ich gewann eine gelbe Kuschel-Teetasse, die ich zurück am Hauptbahnhof einem kleinen Mädchen schenkte. Wieder zu Hause sah ich im Keller nach, ob ich die Diesellok (9) von Fleischmann noch habe. Ich fand sie nicht und habe ohnehin das Gefühl, dass mir in den letzten Jahren eine Kiste mit alten Sachen abhanden gekommen ist. Aber das ist eine andere Geschichte.
Der Ausflug heute war jedenfalls ganz wunderbar. Mein Bruder ist in diesen Tagen ein Jahr tot. Mit „seiner“ Diesellok zu fahren, war eine schöne Möglichkeit, an ihn zu denken. Danke, liebe Johanna, dass Sie mich auf die Idee gebracht haben!
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