Da draußen sind Leute

Der kirchliche Irrglaube, dass die Dinge wie gewünscht funktionieren, wenn man nur auf der innerkirchlichen Marschroute mit ihren Sitten, Gebräuchen und Sprachregelungen bleibt, hält sich in Westfalen immer noch hartnäckig. Legendär, wie man damals einer Mahnwache mit einem Verwaltungsbeschluss kam und sich wunderte, dass das nichts fruchtete, im Gegenteil. Das ist zugegeben lange her, die Fortbildungen in Krisen-PR, die das nach sich zog, aber offenkundig auch. „Da draußen sind Leute, denen euer Ringelpiez egal ist“, möchte man aufs Neue rufen. Doch zu spät. Der vormaligen Präses Annette Kurschus wurde das zum Verhängnis.

„Die Evangelische Kirche von Westfalen und die Evangelische Kirche in Deutschland sind seit Jahren der Mittelpunkt meines Lebens. Nicht nur meine Tage, auch mein ganzes Denken und Handeln sind davon bestimmt.“ So begann Kurschus ihre Abschiedserklärung. Als Pfarrerstochter wurde sie in diesen Mittelpunkt direkt hineingeboren, ihren Dienst versah sie vom Vikariat bis zur Präseswahl einzig in Siegen. Wohlgemerkt, die Kirche, nicht Gott oder Jesus ist es, der Kurschus ihr „ganzes Denken und Handeln“ widmet. Wobei es im gegebenen Anlass auch nicht um göttliches Heilshandeln, sondern um den eigenen Wirkungskreis ging. Eine Menge Pfarrer:innen in fortgeschrittener Amtszeit denken irgendwann, dass sich die Erde nicht um die Sonne, sondern um sie und ihren Dienstsitz dreht. Nur sind da draußen eben Leute und die sehen die Welt ganz anders.

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