#Volkstrauerquark, äh -tag

In Darmstadt läuft gerade das Histocamp, engagiert verhashtagt von seinen Teilgeber_innen und offenbar gibt es dort gerade eine Session „Volkstrauerquark“, die den Volkstrauertag kritisch betrachtet: Heldengedenken, wahlweise historische Über- oder Unterfrachtung, männerzentriert, bisweilen extrem rechtslastig, nur von Insidern besucht – was man eben alles an diesem Tag monieren kann.

To make a long story short: Ich habe mich in den letzten Jahren um den Volkstrauertag bemüht, weil ich diesen Tag wichtig finde, nicht nur in seiner Kritisierbarkeit, sondern auch in dem, was er ausdrücken kann. Außerdem nervt mich, dass er vor lauter politischer Korrektheit immer mehr zum Stiefkind unter den Nachdenktagen wird.
In der einen Gemeinde gab es einen Geschichts-Leistungskurs, der jedes Jahr samt Lehrer die Feierstunde am Mahnmal von sich aus mitgestaltete, in der anderen musste meine Ansprache es alleine tun. Für beides gab es positive Rückmeldungen und mag als Idee dienen, was man mit diesem Tag am Denkmal machen kann. Hier meine Ansprache aus dem Jahr 2012: 

Bei einem Waldspaziergang des Kindergartens stürzte im Weserbergland ein 3-jähriger Junge in einen 25 m tiefen Schacht. Seine Erzieherin sprang hinterher. Die Frau, so hieß es anschließend, sei eine Heldin, doch diese Ehrenbezeugung war ihr peinlich.

Zur Rettung von Erzieherin und Kind sind Polizei, Rettungssanitäter und Feuerwehr im Einsatz gewesen. Darüber wurde kaum gesprochen. Dabei sind auch sie Helden des Alltags.

Der Volkstrauertag ist einmal der Heldengedenktag gewesen.
Pflichtgefühl, Hilfsbereitschaft, Vaterlandsliebe als Entscheidung für Demokratie, das ist es, was wir demgegenüber heute anstreben.
Eine Held, eine Heldin möchte niemand mehr sein. Dabei brauchen wir sie doch, die Helden des Alltags und die Retter in der Not, die Geschichte des Jungen aus dem Weserbergland zeigt das.

Um so wichtiger ist es, dass wir den guten Willen der Menschen, der Bürger mit Uniform oder ohne, der Glaubenden in ihren Religionen nicht missbrauchen. Und zugleich, dass sie sich nicht missbrauchen lassen.

So wie die, derer wir hier am Ehrenmal gedenken. Sie waren Kinder ihrer Zeit und gleichwohl wurden sie missbraucht und haben sich missbrauchen lassen für „Heldentaten“, die keine sind.

Es hat auch damals, zu Kaisers wie zu Hitlers Zeiten, Stimmen gegeben, die gesagt haben, wie absurd und falsch der Weg ist, den man beschreiten wollte.

Vergessen wir niemals wieder, auf die Zarten und die Leisen zu hören und auf die Kritischen.

Wir stehen hier im Gedenken an Helden, die keine sind und niemals welche waren und wir stehen hier aus Respekt vor den Helden, die jetzt keine mehr sein wollen und können.

Beklagen wir die toten Soldaten und bekennen wir uns zu der doppelten Verantwortung:

Wie sie die Geschichte unseres Landes uns aufgibt und wie der Alltag es von uns fordert: Denn wir werden Helden und Retter weiterhin brauchen. Doch möge ihr Pflichtgefühl und ihre Bescheidenheit uns genügen, eingebettet in die gemeinsame Verantwortung aller, die wir immer zu hinterfragen haben.