Florilegium

Letztes und vorletztes Jahr war ich zu Advent und Weihnachten als Gemeindepfarrerin ohne Internet und Telefon, Vodafone hatte das damals verbockt und dafür schließlich die fristlose Kündigung bekommen. Ich will’s nicht beschreien, aber mit der Telekom sieht es bisher wesentlich besser aus. Das darf so bleiben, so insgesamt, aber auch für die gesammelten Links:

Nächstes Jahr feiern, bedenken, haareraufen wir 50 Jahre 1968-er Bewegung. Da können wir langsam anfangen uns warmzulaufen. Zuerst mit dem Gedenken an Petra Kelly und Gerd Bastian, deren Tod mittlerweile auch schon 25 Jahre her ist. Ulrike Winkelmann erinnert im Deutschlandfunk daran. Und falls jemand vergessen haben sollte (oder gar nicht wusste), was für ein zweifelhafter Held Che Guevara war, hilft ihm Peter Gaupp in der NZZ auf die Sprünge.

In Sachen Musik ist fröhlich zu verkünden, dass die Orgel zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Die Zeit hat tatsächlich einen Redakteur aufgetan, der gelernter Orgelbauer ist.

„Zehn Dinge, die Sie zu Rachmaninow/Tschaikowsky wissen sollten.“ Sowas mag ich ja und muss bei beiden doch mal wieder reinhören.

Dirk von Gehlen spricht mit Konrad Lischka über Algorithmen-Ethik:

Wenn Software die gesellschaftliche Teilhabe beeinflusst, müssen ihre Ziele, Design und Wirkung der gesellschaftlichen Kontrolle und Willensbildung unterliegen. Technisch möglich ist vieles. Was sinnvoll und angemessen ist, müssen wir als Gesellschaft im Diskurs über konkrete Fälle und allgemeine Prinzipien entscheiden.

Petra Bahr erläutert in der Zeit den Sinn und Zweck der Apokalypse. Jetzt hab ich’s endlich auch verstanden, also so inwendig. Darum für mich einer der wichtigsten geistlichen Texte des Jahres. Danke dafür.

Ausgerechnet die sonst so betulichen Ruhrnachrichten veröffentlichen einen Longread über den großen Hannibal in Dortmund. Das ist ein Mietshaus mit dem Charme eines Hochseetankers, aus dem sämtliche Mieter von Knall auf Fall wegen Baumängeln vertrieben wurden. In dem kleinen Hannibal bin ich während meiner Wartezeit zwischen 1. Examen und Vikariat öfter gewesen, denn ich hatte damals in der Dortmunder Nordstadt in der häuslichen Krankenpflege gearbeitet.

In der Zeit Campus berichtet eine junge Pfarrerin über ihr Leben zwischen klassischer Gemeindearbeit einerseits und Sex and Drugs and Rock and Roll andererseits oder eigentlich doch miteinander. Ich bin auf den Artikel von mehreren Seiten angesprochen worden (Ich und Elektromucke, sind Sie verrückt?). Dazu zwei Sachen: Dass sich auf einmal das halbe Internet Sherlock-mäßig aufmacht, um die Kollegin zu finden, ist in seiner verklemmten Teichoskopie (das googlen Sie mal selber) mehr als albern.
Noch wichtiger aber ist der Denkfehler, der mit dieser Neugier einhergeht: Freaks, das sind Leute, denen der Mainstream nicht einleuchtet, selbst wenn sie ihn parkettsicher beherrschen, gibt es in jedem Beruf und nicht nur im Pfarrdienst. Sich davon inspirieren und ermutigen zu lassen, wäre das eigentlich Interessante; bei Wilddueck heißen solche Typen „Omegas“. Verrückte Stories können Sie auch woanders kriegen, nachzufragen, wie diese Kollegin die Kirche sieht, das wäre clever!

Wir machen direkt weiter mit richtig coolen Fotos von Omas und Opas. Möglicherweise gibt es da ja einen Zusammenhang. Stay tuned.

Für den Fall, dass ich über Eisenbahnen reden möchte, frage ich immer bei Hanna U. nach, aber auch ohne meine Bemerkungen findet sie immer wieder tolle Sachen: Historische Frauenplakate der Deutschen Bundesbahn.

Zum Abschluss noch ein Weihnachtsgedicht von Fritz Eckenga: