Was bisher geschah

Nun also Corona. Trotz bisher dreier Impfungen war irgendwann damit zu rechnen. Dass ich, die immer so streng und vorsichtig war, es außerdem schaffte, damit zu einer längeren Untersuchung in der Praxis meines Hausarztes und später im Seniorenkreis gewesen zu sein, fand ich dennoch super peinlich. Aber der Test, den ich am Vortag gemacht hatte, um in den folgenden 25 Stunden Konfi, Arzttermin und Altennachmittag guten Gewissens zu absolvieren, war negativ.

Das gerahmte schwarzweiß Foto vom jungen Bob Dylan, aufgehängt in der Ecke neben dem Wohnzimmerfenster (man sieht, es ist dunkel), davor ein Beistelltischchen, darauf eine Lampe, ein Olivenholzengel und eine gehäkelte Clitoris. Daneben, vermutlich auf einem anderen Tisch, eine Vase mit bunten Rosen und ein Stück der Couch.

Auch das minimale Kratzen im Hals kannte ich von der Klimaanlage im Auto seit ewig. Doch als meine Nase plötzlich richtig anfing zu laufen, wurde ich stutzig, maß Fieber und machte erneut zwei Tests. Beide färbten sich sofort tief violett, nur 28 Stunden, nachdem noch nichts sichtbar und spürbar war.

Mein Hausarzt fand meine Bitte um Entschuldigung darum gar nicht nötig. Er war selbst vor Kurzem mit Corona in der Praxis gewesen und hatte es auch erst gemerkt, als er Symptome bekam. Die Durchseuchung wäre von der Politik gewünscht und ohnehin nicht mehr aufzuhalten, meinte er.

Das passte zu den Rückmeldungen von 116117, wo ich direkt im Anschluss an die positiven Tests nach dem aktuellen Workflow fragte und von Twitter. Angefangen mit einer Followerin, deren Test ebenfalls erst mit Beginn der Symptome anschlug. In meiner Timeline waren wir schließlich zu zehnt, einmal quer durch Deutschland, abgesehen von einer Familie allerdings ohne analogen Zusammenhang.

Ich kann natürlich nur für mich sprechen, wie es mir ging und ich es im privaten Umfeld bisher erlebt habe: Sofern man geimpft ist, kriegt man Omikron als den grippalen Infekt, den man auch sonst von sich kennt, mit einigen coronatypischen Akzenten. In meinem Fall waren das ein leichter, kurzer Schnupfen und die obligatorische Kehlkopfentzündung mit Reizhusten und Paukenerguss. Alles wie immer, nur dass die Halsschmerzen erst anfingen, als die Nase kaum noch lief. Das ist bei mir sonst umgekehrt und aus allen Höhlen deutlich ergiebiger. Nasenspray brauchte ich trotzdem.

Ein Stück (selbnstgemachter) Flammkuchen auf einem Teller mit weißen und blauen Strahlen bzw. Streifen.

Jeder hat diesen gesundheitlichen Schwachpunkt, der ihn ab und an niederstreckt. Bei mir sind es grippale Infekte. Ich habe immer viel damit zu tun gehabt, obwohl ich mittlerweile gegen Pneumokokken und regelmäßig gegen Grippe geimpft bin. Einmal im Jahr liege ich flach, jedes zweite Jahr richtig heftig; durchschnittlich dauert es drei bis sechs Wochen, bis ich wieder vollständig gesund bin. Ich hätte nie gedacht, dass das einmal zu irgendetwas gut sein könnte. Aber bei Corona erwies es sich als Vorteil: Ich kenne meinen Krankheitsrhythmus, hatte meine bevorzugten Hausmittel griffbereit und die Medikamente auf Rezept waren auch dieselben, nur ohne Antibiotikum. Und dass man nach so einer Nummer noch ein paar Wochen braucht, bis man wieder reguläre Flughöhe hat, weiß ich ebenfalls.

Auch die Masken und den Abstand empfand ich trotz Ansteckung als hilfreich. Denn die Infekte, die ich bisher regelmäßig bekam, waren auch deswegen so heftig, weil sie immer ein Mix aus allerlei Viren und Bakterien waren. Das Eine zog das Andere nach sich. Nicht so dieses Mal. Kein Virencocktail, keine bakterielle Superinfektion, wirklich nur Corona. Überhaupt bin ich durch die Hygienemaßnahmen seit über zwei Jahren nicht mehr vergrippt gewesen. Allein deswegen werde ich die Maske weiterhin tragen, Desinfektionsmittel für die Hände inklusive. Und ich werde mich auf jeden Fall weiter impfen lassen.

Insgesamt war ich zweieinhalb Wochen krankgeschrieben und habe die ersten acht Tage mit Fieber fest im Bett gelegen und danach immer noch überwiegend. Gelassen zu bleiben und nicht über Folgeschäden oder einen schweren Verlauf nachzudenken, war dabei das eigentlich Mühsame. Ein Stoßgebet, dass es tatsächlich ohne Langzeitfolgen bleibt, gleichwohl in den Himmel geschickt.

Interessant fand ich, dass Katzen das Coronavirus riechen und als krank machend identifizieren können. Am ersten Abend, als das Fieber stieg, setzte sich der #NeoKater zu meinen Häupten und erschnupperte länger und aus unterschiedlichen Winkeln meine Atemluft. Ich konnte ihm ansehen, wie er dabei nachdachte. Künftig wich er nachts nicht mehr von meiner Seite, so lange, bis das Virus nicht mehr nachweisbar war. Ich machte am Mittwoch vor Pfingsten den ersten negativen Selbsttest, der #NeoKater wusste das Ergebnis schon vorher.

Lauter Papiertüten vom Rewe Lieferservice vor der Whnungstür und das Köpchen des #NeoKaters guckt über die Schwelle.

Mitgebracht hatte Corona die neue Nachbarin, die in die ehemalige Wohnung der syrischen Schwestern gegenüber gezogen ist. Sie kam Mitte Mai vermeintlich erkältet aus dem Türkeiurlaub zurück. Das habe ich schon öfter gehört und gelesen: Tür an Tür im Mietshaus gibt es kein Entrinnen. Gleichzeitig war es beruhigend, damit nicht allein zu sein.

Dankbar bin ich meiner seligen, katholischen Großmutter aus Oberschlesien: Der Hunger, der Krieg – alle Lebens- und Haushaltsmittel wurden immer sofort ersetzt, möglichst nichts gänzlich aufgebraucht. Ich habe von klein auf bei ihr und meiner verstorbenen Mutter Vorratshaltung gelernt und das später automatisch selbst so gemacht. Das wäre mir ohne Corona vermutlich niemals aufgefallen. Es wurde mir erst während der Lockdowns in den letzten Jahren bewusst und jetzt während der Quarantäne wieder. Abgesehen von den verschreibungspflichtigen Medikamenten, die die Apotheke vorbeibrachte, hatte ich von allem ausreichend da und konnte mich bestens versorgen.

Damit hätte ich locker noch einige Tage weitermachen können. Doch nach zwei Wochen ließ ich mir von Rewe kontaktlos einen kompletten Großeinkauf liefern, um den Kühlschrank wieder aufzufüllen und weil ich merkte, dass auch ich meine Vorräte ohne Not nicht gänzlich aufbrauchen kann. Das habe ich also ebenfalls geerbt.

Mein Arbeitszimmer im Chaos des Handwerks mit Müllsack, kaputter Schublade, Werkzeugkisten von Makita und Krempel.

Beim Fastenbloggen berichtete ich von meinen Vorbereitungen für den Osterurlaub, wo ich zusammen mit einem, besser zwei Handwerkern meine Wohnung fertigstellen wollte. Das klappte wie am Schnürchen! Zwei freundliche, ältere Herren nahmen sich Anfang Mai aller Lampen, Bilder, Hängeschränke, kaputten Fußleisten, Schubladen und des Sperrmülls an. Ich nutzte derweil die Zeit, um auszumisten und passend zu den neuen oder reparierten Möbeln einige Sachen hin- und herzuräumen.

Nur im Keller muss ich noch ein bisschen Ordnung schaffen und demnächst schickt die Vermieterin jemanden mit einem neuen Feuermelder vorbei und um ein kleines Loch zu verputzen. Aber das gehört zum Tagesgeschäft, irgendwas ist ja immer. Ansonsten ist die Wohnung fertig und wunderbar. Das Kruzifix der oberschlesischen Oma hängt, der Dylan auch und im Flur leuchtet eine schicke Rauchglaslampe mit Messinghalterung, wie sie gerade modern sind.

So fügte es sich, als ich krank war, dass ich immer noch glücklich durch die frisch in Stand gesetzte Wohnung ging und mich freute, dass alles fertig eingerichtet ist. Die Quarantäne schreckte mich nicht, dafür lebe ich schon zu lange alleine. Im Gegenteil machte es mir die schöne und behagliche Wohnung leicht. Aber das nasskalte Wetter half zugegeben auch ein wenig.

Seit Donnerstag vor Pfingsten bin ich aus der Quarantäne freigetestet. Das war organisatorisch etwas mühsam, da sowohl 116117 als auch das Praxisteam beim Hausarzt die aktuellen Bestimmungen für die Corona-Warn-App nicht mehr drauf hatten. Dazu passend erfuhr ich bei einem Telefonat in die Schweiz, dass dort gar keine Testzentren und Meldepflichten mehr bestehen. Und eine Twitterin aus Süddeutschland schrieb mir, dass sie niemanden kennt, der seinen positiven Test überhaupt noch in die App eingibt. Sei’s drum. Solange diese Möglichkeiten noch angeboten werden, habe ich trotzdem mit Überzeugung mitgemacht und alles befolgt.

Bis Pfingstsonntag war ich noch krankgeschrieben, damit ich mich weiter auskurieren konnte. Das war auch nötig und ich kam dem in einer Mischung aus Ruhe und moderater Bewegung nach. Am Samstag ging ich zum ersten Mal wieder eine kleine Runde aquajoggen und saß abends auf dem Balkon. Dort hörte ich im Radio WDR 4, über das Pfingstwochenende unter dem Motto „Ab in die 80er“. Als es darum ging, Modern Talking anzumoderieren, haben Peter Illmann und Reinhard Kröhmert einen meiner Tweets vorgelesen. Für einen Radiofan wie mich war das ein echter Jackpott, besonders nach zweieinhalb Wochen krank in Quarantäne!

In den nächsten drei Wochen stehen Urlaub und eine Fortbildung an. Insgesamt wäre ich damit fünfeinhalb Wochen raus, so schnell kann’s gehen. Mal sehen, wie das mit der Flughöhe wird. Ich habe den Umständen entsprechend einen guten Eindruck. Aber Eiswürfel verzeihen der wunde Hals und der Rest Husten noch nicht, das habe ich bereits getestet. Bis alles ausgeheilt ist, wird es noch dauern.