Wo kommt die Hoffnung her?

Mein Adventskranz mit dunkelrosalilafarbenen Kerzen, von denen die erste brennt. Die dritte Kerze (3. Advent, Sonntag Laetare) ist erkennbar in gedecktem Rosa. Der Kranz steht auf meinem Wohnzimmertisch, man sieht die grauen Sofakissen im Hintergrund.

Predigt zum 1. Advent über Apk 3,14-22 in der Petrikirche

H fragt: „Wo kommt die Hoffnung her?“
Er hat so viel gepredigt in den letzten Wochen.
Lauter Gerichtstexte.
Ende des Kirchenjahres.

„Wenn man den Feigenbaum doch abhauen muss,
wo kommt die Hoffnung her?“ Fragt H.
Ich sage: „Der Stumpf eines gefällten Baumes treibt wieder neu aus.“
„Aber bringt er auch Frucht“, sagt H.

Ich antworte nicht mehr.
Dass die Frucht keine Feige sein muss,
sondern eine Knospe, 
ein zartes, grünes Blatt,
eine Raupe, ein Schmetterling
oder überhaupt das Reis
sein kann,
fällt mir erst zu Hause ein.

14 Schreib an den Engel der Gemeinde in Laodizea:
›So spricht der, der das Amen ist,
der treue und wahrhaftige Zeuge,
der Anfang von Gottes Schöpfung:

Der Anfang von Gottes Schöpfung bis zum Amen,
hier blickt jemand aufs Ganze.
Überblick ist ein Name Gottes.

15 Ich kenne deine Taten.
Du bist weder kalt noch heiß.
Ach, wärst du doch kalt oder heiß!
16 Doch du bist lauwarm, weder heiß noch kalt.
Darum will ich dich aus meinem Mund ausspucken
17 Du sagst: Ich bin reich, habe alles im Überfluss
und mir fehlt es an nichts.
Dabei weißt du gar nicht,
wie unglücklich du eigentlich bist,
bedauernswert, arm, blind und nackt.

„Der Herr badet gerne lau, so wie in einem Schaumbad.“
Das hat Herbert Wehner über Willy Brandt gesagt.
Der Mensch ist lauwarm, schreibt die Apokalypse.

Den Durchblick hat dieser Mensch nicht, 
eher sieht er gar nichts.
Dafür ist er arm,
arm im Geiste.
Selig sind, die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich.“
Oben vom Berg glimmt zart ein Licht.
Aber das sieht er wahrscheinlich auch nicht,
dieser Mensch, der Nackte.

Vor lauter Feiern keine Zeit.
Wie der Kaiser mit den neuen Kleidern.
Und wir warten auf das Kind, das ihn ruft.
Advent, Advent.

18 Ich gebe dir einen Rat:
Kauf Gold von mir, das im Feuer gereinigt wurde.
Dann bist du wirklich reich!
Und kauf weiße Kleider,
damit du etwas anzuziehen hast.
Sonst stehst du nackt da und musst dich schämen!
Kauf außerdem Salbe
und streich sie auf deine Augen.
Denn du sollst klar sehen können!

Wird der Mensch gekleidet wie ein König?
Oder sind doch nur ein Goldkettchen, das Nachthemd 
und etwas Bepanthen für Augen und Nase gemeint?
Wer betet eigentlich noch vor dem Einschlafen?
Wer hört eigentlich noch auf Gottes Ratschläge?
Ratschläge sind immer unverschämt.
Vor allem, wenn man nackt dasteht.
Wer darf einem dann noch etwas sagen?
Außer dem „Arzt oder Apotheker“.

19 Alle, die ich liebe,
weise ich zurecht und erziehe sie streng.
Mach also Ernst und ändere dich.
20 Hör doch! Ich stehe vor der Tür und klopfe an.
Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet,
bei dem werde ich eintreten.
Ich werde mit ihm das Mahl einnehmen und er mit mir.

Von außen durch die Tür nach innen,
von der Ewigkeit in die Zeit
kommt ins Heute
der Anfang von Gottes Schöpfung bis zum Amen.

„Wo ist die Hoffnung?“ Fragt H.
Hier kommt sie!
Wie bei den Ikonen.
Die sind nicht dafür da, dass wir Menschen durch sie auf Gott schauen.
Es ist umgekehrt.
Gott schaut durch sie auf uns.
Gott schaut bei uns vorbei.
„Ich muss heute in dein Haus einkehren, Zachäus.“

21 Wer siegreich ist und standhaft im Glauben,
der soll neben mir auf meinem Thron sitzen –
so wie auch ich den Sieg errungen habe
und neben meinem Vater auf seinem Thron sitze.‹
22 Wer ein Ohr dafür hat, soll gut zuhören,
was der Geist Gottes den Gemeinden sagt!«

Das klingt wie eine echte Chance,
für die Zeit und für die Ewigkeit.
Früher nannte man das Verheißung.

Wir müssen uns nicht mit der Endgültigkeit befassen,
nicht mit der Ewigkeit.
Es genügt der Augenblick
oder das kleine Weilchen.

Der Advent dauert vier Wochen,
erst dann ist Weihnachten.
Um diese Jahreszeit ist es nebelig,
wir fahren auf Sicht.

Wir schmieren Gott ein Butterbrot,
am Küchentisch.
„Wo ist die Hoffnung?“ Fragt H.
„Im Butterbrot,“ sage ich,
„in einer Tasse Tee.“
„Nimm ein paar Plätzchen“, sagt H.
Und dann ist Advent. Amen.

Predigttext in der Übersetzung der Basisbibel.