Als er zum ersten Mal groß rauskam, nämlich im Zeit Magazin, hatte ich ein Käsebrot (mit Meerrettich, sehr lecker) auf ihm abgestellt. Denn natürlich sollte er wissen, dass ich eine Reportage über ihn gleich zum Frühstück lese, aber übertreiben wollen wir es trotzdem nicht.
Ohnehin kann sich glücklich schätzen, wer von der Zeit einen Bericht über sein Herzensthema erhält. Die Meisten säßen damit zufrieden vor dem Kamin. Ralf Steeg hingegen schaltet in den nächsten Gang. Herausgekommen ist dabei ein Buch, das seine Lebensgeschichte erzählt:
Aufgewachsen in der DDR, freigekauft in die Bundesrepublik und dazwischen diese Knast- und Fluchtgeschichten, die man sich im Westen kaum vorstellen kann, erst bei „Hausbesetzer“ ist man wieder drin. Und dann kommt als Lebensthema die Spree dazu, der Fluss, den Ralf Steeg retten will.
Die Autorin und Regisseurin Sandra Prechtel hat Steegs Biographie aufgeschrieben.
Ich gebe zu, dass ich immer ein bisschen Schiss habe, wenn ich Lebensgeschichten aus den beiden Diktaturen Deutschlands lese. Wenn versucht wird, die historischen Dramen durch Intimität auszumalen. Prechtel tut genau das nicht. Sie weiß, wo die Grenze ist: Sowohl für Ralf Steeg als auch für seine Leser.
So wird das Buch zum Roadmovie. Spannend, klug und gefühlvoll, ohne sich aufzudrängen. Das Ziel ist zwar noch nicht erreicht, aber dass Steeg auf den letzten Metern aufgibt, ist auch nicht zu erwarten. „Am Ende der Kompromisse steht eine zerstörte Natur“, lautet folglich mein Lieblingszitat, das ich in die Reihe meiner persönlichen Merksätze aufgenommen habe.
Ich kann das Buch also empfehlen. Setzen Sie sich damit vor den Kamin, falls Sie einen haben, oder essen Sie ein Käsebrot.
Ralf Steeg schaltet derweil wieder in den nächsten Gang:
Sandra Prechtel dreht jetzt den Film.
Sandra Prechtel: Der Wassermann. Ralf Steeg und sein Kampf für den sauberen Fluss, München 2015
Bilder: Buchcover vom Buch, Frühstück von mir