Fischweiber

Das Buch mit Pfingstrosen und Osterkerze.

Fischweiber – so hätte man früher eine feministische Zeitschrift nennen können. Unsere hieß damals Schlangenbrut, das ging vom Sound in eine ähnliche Richtung. Fischweiber stehen für laute, dreiste und dabei sehr gewöhnliche Frauen. „Frech wie ein Fischweib“ sagte Ben Tipton über seine Frau Minna Tipton im „kleinen Lord“, als er sie enttarnte.

Aber erst, seit ich das Buch „Demokratie. Eine deutsche Affäre“ von Hedwig Richter las, weiß ich, dass es die Fischweiber zu Zeiten der Französischen Revolution wirklich gab. Sie waren Marktfrauen ‚aus den Pariser Arbeitervierteln, die nach Versailles zogen, um die Senkung der Brotpreise zu fordern‘.

Doch nicht nur diese Damen hatte Richter im Blick, als sie über die Demokratiegeschichte in Deutschland vom 18. Jahrhundert bis heute schrieb. Sie schaute auf Frauen in allen Epochen und zwar sowohl auf die, deren Leben Richter in ihrem Buch nachzeichnete und einordnete, als auch auf die, deren Forschung sie dabei heranzog. Noch nie ist es mir so aufgefallen, dass Frauen ganz selbstverständlich genannt und beteiligt waren und zwar ohne jedes Tamtam. Es las sich ganz anders als sonst.

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Rundfunkgeschichte und was über Dylan (Bücher 2/2)

Wie im letzten Post angekündigt nun die zweite Runde: Zwei Bücher und eine DVD. Ich fange mit der Rundfunkgeschichte an, da geht es konkret um die 90-jährige Geschichte des Senders Langenberg, der für Nordrhein-Westfalen wichtigsten Senderanlage. Den rot-weißen Pinn auf dem Hordtberg hat jeder hier in der Gegend mindestens auf Fotos schon einmal gesehen.

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Ich bin ja nicht nur begeisterte Radiohörerin, sondern auch in der Nähe des Senders Nordhelle im Ebbegebirge aufgewachsen. Und erst kürzlich sind die Wanderfreundin und ich durch das Felderbachtal bei Langenberg gewandert. Auf dem Bild, das die Wanderfreundin dort gemacht hat, lassen sich die Sendemasten jenseits des Tales bestenfalls erahnen, aber weil die Gegend so schön ist, gibt es das Foto trotzdem:

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Bücher 1/2 mit Stefan, Floridi und Luthers Essen

Belletristik ist bei mir im Augenblick nicht so dran, das macht aber nichts, ich fühle mich trotzdem bestens unterhalten, horizonterweitert, beglückt; wofür man Lesen eben so braucht. Einiges ist noch in der Mache, außerdem soll der Post nicht zu lang werden, darum in zwei Etappen, hier der erste Schwung:

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„52 Runden. 52 Interviews.“ Von Stefan Ludwig ist das erste Buch, über das ich berichten möchte. Stefan (ich kenne ihn bald 15 Jahre) ist sicher einer der optimistischsten und freundlichsten Menschen, die es gibt. Er ist in der Kulturszene und im Eventmanagement zu Hause wie nur wenige und dort zwei Mal mit eigenen Projekten pleite gegangen. Das ist so krass, dass er selbst fand, er könnte mit 38 Jahren eigentlich seine Biographie schreiben. Doch das journalistische Handwerk liegt ihm mehr. Also machte Stefan es anders und lud sich über das Jahr 52 InterviewpartnerInnen ein, die mit ihm um den Dortmunder Phoenixsee gingen und sich dabei unterhielten: Ein Taxifahrer, eine tierschutzaktive Buchhalterin oder ein Beamter bis hin zu so illustren Leuten wie Lioba Albus, Fritz Eckenga und Sascha Grammel.

52Runden – Januar 2016 from Stefan Ludwig on Vimeo.

Der Clou ist außerdem, dass nicht nur Stefan seinen Interviewpartnern Fragen stellte, sondern sie ihn ebenfalls fragen durften. So entstanden nicht nur richtige Gespräche, sondern man erfährt oft mehr über jemanden, wenn er selbst anfängt zu fragen, als wenn er nur antworten muss. Stefan sagt, er macht mit den Interviews und den Spaziergängen weiter. Dann geht vielleicht auch beim Lektorat noch etwas mehr. Bis dahin freue ich mich über dieses großartige Buch, so liebenswürdig wie sein Autor, witzig, tiefsinnig und mit einer Menge Dortmunder Lokalkolorit.

Stefan Ludwig: 52 Runden. 52 Interviews, Dortmund 2016

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„Ein Kanapee brauche ich immer“

Von Benedikt XVI. ist ein neues Buch erschienen: „Letzte Gespräche.“ _lb-7iaeDas sind Interviews, die Peter Seewald mit dem emeritierten Papst geführt hat. Der wiederum war einverstanden, dass diese auch veröffentlich werden.
Es ist ein freundliches, ja herzliches Buch geworden, was nicht nur an Seewalds einfühlsamen Fragen liegt. Immer wieder schimmern Benedikts zarten Saiten durch. Ratzinger und Seewald schauen gemeinsam zurück, ordnen Erlebnisse ein oder stellen manchmal etwas richtig: Zeitgeschichte und darum auch für Nicht-Theologen gut verständlich.
Deutlich ist, dass der vormalige Papst selbst dieses Resümee nicht mehr braucht. Er hat seinen Frieden mit dem Erlebten gemacht. Angekommen im betenden Hier und Jetzt, über die Kindheit und Jugend in Bayern, Konzil und Professur, bis er – kaum dass er sich in das Bischofsamt in München eingefunden hatte – nach Rom gerufen wurde. Die Geschichte ist bekannt.

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Zwei Bücher

In diesem Urlaub habe ich viel gelesen. Ein besonders dickes Buch ist noch in der Mache, zwei kleinere sind bereits verschlungen. Beide hatte die Mädchenmannschaft empfohlen:

Das erste heißt „die Vegetarierin“, geschrieben von der Koreanerin Han Kang und von der Übersetzerin Ki-Hyang Lee ins Deutsche übertragen. Es handelt von einer verheirateten Frau, die beschließt, vegetarisch, ja vegan und schließlich wie eine Pflanze zu leben. Was als Novelle anfängt, entwickelt sich immer mehr zu einer Tragödie. Han Kang verbindet Magersucht, Symbole, Selbstbestimmungsrecht, Gewalt und Irrsinn so kunstvoll miteinander, dass es grausam faszinierend ist. Dabei ist ihre Sprache trotz vieler bildreicher Themen und Gegenstände sehr schlicht. Das hat mich am allermeisten angesprochen. Bereits während der ersten Seite dachte ich, dass ich jemandem aus diesem Buch vorlesen muss, damit wir diese Sprache hören, vom ersten Satz an: „Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie in jeder Hinsicht für völlig unscheinbar.“

Han Kang: Die Vegetarierin, Berlin 2016

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Twittern, Bücher und fast ins Kino

Ich finde Twitter ja eine großartige Sache! So großartig, dass ich nach dem Urlaub erstmal Pause davon brauche, um mich runterzupegeln und endlich die Bücher zu lesen, die mir dort empfohlen wurden. (Ja, auch um wieder in meinen Arbeitsrhythmus zu kommen, aber das ist ein anderes Thema.)

Das erste Buch war ein Geschenk, u1_978-3-596-16396-0.46169422als ich im Advent beim #Fichteln, einer Wichtelaktion auf Twitter, mitmachte:
Cleveland Amory, „Die Katze, die zur Weihnacht kam“.
Der Autor, zu Lebzeiten ein berühmter Tierrechtsaktivist in den USA, erzählt auf liebenswürdige Weise, wie ein Kater zu Weihnachten bei ihm einzieht. Christian Spiel hat das übersetzt und Silvio Neuendorf illustriert. Entstanden ist das Buch Ende der achtziger Jahre.

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