In diesem Urlaub habe ich viel gelesen. Ein besonders dickes Buch ist noch in der Mache, zwei kleinere sind bereits verschlungen. Beide hatte die Mädchenmannschaft empfohlen:
Das erste heißt „die Vegetarierin“, geschrieben von der Koreanerin Han Kang und von der Übersetzerin Ki-Hyang Lee ins Deutsche übertragen. Es handelt von einer verheirateten Frau, die beschließt, vegetarisch, ja vegan und schließlich wie eine Pflanze zu leben. Was als Novelle anfängt, entwickelt sich immer mehr zu einer Tragödie. Han Kang verbindet Magersucht, Symbole, Selbstbestimmungsrecht, Gewalt und Irrsinn so kunstvoll miteinander, dass es grausam faszinierend ist. Dabei ist ihre Sprache trotz vieler bildreicher Themen und Gegenstände sehr schlicht. Das hat mich am allermeisten angesprochen. Bereits während der ersten Seite dachte ich, dass ich jemandem aus diesem Buch vorlesen muss, damit wir diese Sprache hören, vom ersten Satz an: „Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie in jeder Hinsicht für völlig unscheinbar.“
Han Kang: Die Vegetarierin, Berlin 2016
Das zweite Buch wurde von AnouchK Ibacka Valiente herausgegeben: „Vertrauen, Kraft & Widerstand. Kurze Texte und Reden von Audre Lorde.“ Übersetzt hat diese Pasquale Virginie Rotter, unterstützt von Janine Rygalski sowie Marianne Ballé Moudoumbou für das Vorwort.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Hach! Endlich einmal wieder Audre Lorde und dann noch in einem so handlichen Vademecum. Und nach wie vor aktuell:
Mit Begriffen wie „Unterschiedlichkeit“ oder „Intimität“ und vor allem dem immer wiederkehrenden Bezug auf das eigene Selbst. Verblüffend in Zeiten redundanter Kopftuchdebatten auch die Anekdote, wie Lorde beinahe mit einem Einreiseverbot auf die Britischen Jungferninseln belegt wurde, weil man ihre Rastazöpfe ungefragt einer politischen Richtung zuordnete. Was es nicht alles gibt!
In guter feministischer Redlichkeit hat Rotter den eigenen Zugang und Gedankenweg bei der Übersetzung transparent gemacht. Das ist auch deswegen wichtig, weil die gesetzten Tiefstriche, Sternchen und Kursiva durchaus auffallen. Mir hätte ein Glossar, das die wichtigsten Begriffe erläutert („Unterschiedlichkeit“ – diversity – difference?) besser gefallen. Wann und wofür Lorde die jeweiligen Texte ursprünglich schrieb, hätte ich gerne für jedes einzelne Kapitel gewusst. Doch beides sind Kleinigkeiten im Verhältnis zur Auswahl der Stücke und der immer wieder berührenden Gedanken Audre Lordes.