Rundfunkgeschichte und was über Dylan (Bücher 2/2)

Wie im letzten Post angekündigt nun die zweite Runde: Zwei Bücher und eine DVD. Ich fange mit der Rundfunkgeschichte an, da geht es konkret um die 90-jährige Geschichte des Senders Langenberg, der für Nordrhein-Westfalen wichtigsten Senderanlage. Den rot-weißen Pinn auf dem Hordtberg hat jeder hier in der Gegend mindestens auf Fotos schon einmal gesehen.

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Ich bin ja nicht nur begeisterte Radiohörerin, sondern auch in der Nähe des Senders Nordhelle im Ebbegebirge aufgewachsen. Und erst kürzlich sind die Wanderfreundin und ich durch das Felderbachtal bei Langenberg gewandert. Auf dem Bild, das die Wanderfreundin dort gemacht hat, lassen sich die Sendemasten jenseits des Tales bestenfalls erahnen, aber weil die Gegend so schön ist, gibt es das Foto trotzdem:

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Wo war ich, richtig, das Buch zum Sender. Jürgen Lohbeck, der für seine heimatgeschichtlichen Bücher rund um Langenberg bekannt ist, hat die Geschichte der Senderanlage aufgeschrieben. Herausgekommen buchseiteist ein Bildband von gut 260 Seiten, unterteilt in acht Kapitel, jedes in sich bündig, sodass man das Buch wunderbar nach eigenen Schwerpunkten lesen kann. Schon die Fotos aus der Geschichte des Rundfunks zusammen mit denen des Senders machen Freude. Insgesamt ist der Band so konzipiert, dass es ihm nicht nur um Technik und Frequenzen geht. Das Alles ist vielmehr eingebettet in die Aufgabe des Senders in der Rundfunklandschaft, die Zeitgeschichte und die Region und darum wirklich gut lesbar. Kleine und größere Einleitungskapitel oder Exkurse, z.B. über den Beginn des Rundfunks in Deutschland oder zur „Rolle des Rundfunks in der nationalsozialistischen Propaganda“ unterstützen das zusätzlich. Ich freue mich, dass ich dieses Buch gefunden habe.

Jürgen Lohbeck: Der Langenberger Sender 1926 bis heute. Die 90-jährige Geschichte des Wahrzeichens einer Region im Kontext mit der Rundfunkhistorie in Deutschland, Velbert 2016

Weiter geht es mit Bob Dylan. Der hat bekanntermaßen dieses Jahr den Literaturnobelpreis gewonnen. Ich finde das super, aber ich bin auch ein echtes Fangirl. Andere verstehen es eher weniger, vielleicht weil sie sich nicht so mit Dylans Musik auskennen. Ein Buch über das Spät- und eine DVD über das Frühwerk helfen da möglicherweise weiter.

In „Die Stimmen aus der Unterwelt“ setzt sich Heinrich Detering mit den Texten in Dylans Spätwerk auseinander. Detering ist nicht nur Dylan-Experte, sondern Literaturprofessor. Der kann das mit der Textexegese und der Interpretation also wirklich. Vier Lieder (eins davon von Frank Sinatra) und einen Film greift er sich aus Dylans Werken heraus und geht sie durch, wie Fachleute das eben so tun. Wenn man das lesen will, sollte man Gedichtanalysen also zumindest mögen. Mit dem „Workingman’s Blues #2“ von der CD „Modern Times“ fängt er an:

Beeindruckt hat mich die Selbstverständlichkeit, mit der Dylan alte Autoren wie Ovid oder Shakespeare und aktuelle Liedmotive und die Dichtung der Protestbewegung miteinander verknüpft. Das Buch führt einem das gut vor Augen und man bekommt eine Ahnung, was in Dylans literarischem Kosmos so los ist. „Bei Dylan hat Ovid den Blues“, schreibt Detering folgerichtig.
Das ist auch der Grund, warum Teile des Establishments im Angesicht dieses Nobelpreisträgers die Nase rümpfen. Man schmort wohl lieber im eigenen, unvermischten Saft. Tja, Leute, vielleicht nächstes Mal wieder.

Heinrich Detering: Die Stimmen aus der Unterwelt. Bob Dylans Mysterienspiele, München 2016 

Einen musikalischen Überblick über das Frühwerk und wie seine Karriere begann, kann man sich auf DVD angucken. „No Direction Home“ ist ein Dokumentarfilm von 2005, den Martin Scorsese (der mit den Mafiafilmen) über Bob Dylan gedreht hat:

Hier gibt es jede Menge Konzertmitschnitte mit dem noch jungenhaften Dylan von Anfang 20, O-Töne des zur Zeit der Produktion über 60-jährigen; Interviews, Bilder und Musik von Zeitzeuginnen und Weggefährten, sodass man gut sehen kann, was zu Beginn der 60-er Jahre lief und wer Dylan musikalisch geprägt hat.

Zunehmend zeigt die Doku aber auch, wie die Erwartungshaltung des Publikums und der Presse an ihn immer rigoroser und maßloser wird. Sie haben sich ihre Vorstellung von Bob Dylan gemacht und reagieren kompromisslos auf seine Versuche, dem zu entrinnen. Dass Dylan sich zur Verleihung des Literaturnobelpreises bisher noch nicht geäußert hat, hängt meiner Meinung nach auch damit immer noch zusammen.

Martin Scorsese: No Direction Home (2 DVDs), 2005 [Amazon-Link]