Gelobt sei Gott,
der mein Gebet nicht verwirft
noch seine Güte von mir wendet.
Psalm 66,20
Rogate, betet! So lautet der Name des Sonntags und der ganzen Woche, die am 9. Mai beginnt. Denn jedes Gebet, da ist sich Jesus Sirach sicher (Jes Sir 35,16-22a), reicht bis in die Wolken, ja durchdringt sie sogar, bis es schließlich bei Gott ankommt.
Jesus Sirach stellt sich Gott also im Himmel vor. Der ist bekanntlich überall und Gott damit auch. Das war im alten Israel keine Selbstverständlichkeit. Wenn man dort nach oben blickte, um Gott zu suchen, schaute man meistens zum nächsten Berg. Dort, so glaubte man, wohnt ein Gott auf dem Gipfel, kümmert sich ums Wetter, manchmal auch um die Leute und schleudert Blitze.

Es waren die Juden, die damit aufräumten und erklärten, dass Gott mehr als ein Götze auf dem Hügel ist, sondern Himmel und Erde aus dem nichts geschaffen hat und damit gleichsam über allem steht.
Aus dieser Perspektive kann er Gebete erhören, weil er für jeden zu erreichen ist und er spricht Recht. Denn das ist ja meistens so, wenn man in der Klemme steckt oder sich mit einem Leiden an Gott wendet: Man wünscht sich, dass er das Gebet erhört, auch wenn man zur Not so laut rufen muss, dass es bis in den Himmel schallt. Und dann will man, dass einem Gerechtigkeit widerfährt.
Gott findet das OK. Man darf schreien, weinen und klagen, so lange, bis man erhört wird. Gott würde das niemals verachten. Er weiß, wer mit dem Ärger und der Not gemeint ist. Und oft genug hat nicht er, sondern ein anderer es verursacht. Doch irgendwann hat das ein Ende, zumindest ist das das Versprechen, an das wir glauben.
Wir werden getröstet und erhalten Gerechtigkeit. Das bedeutet, dass Gott uns Genugtuung verschafft. Also uns das gibt, was wir brauchen. Rettung in der Not, Linderung der Schmerzen oder manchmal einfach ein bisschen Schadenfreude.
Trotzdem hält Jesus Sirach es für besser, wenn man im Leid selbst ein gutes Gewissen hat und sich entsprechend demütig zeigt. Das kommt seiner Meinung nach bei Gott besser an. Ich bin mir da nicht sicher. Denn Gott hat auch die Sünder lieb und die wissen meistens nur zu gut, welchen Teil sie selbst beigetragen haben. Aber vielleicht ist das ja gemeint: Nicht nachlassen, Gott um etwas zu bitten und zwischendrin auch vor der eigenen Türe kehren.
Nun ein letztes noch: Wer ist eigentlich dieser Jesus Sirach? Sein Buch gehört zu den Spätschriften des Alten Testaments. Es wurde damals auf Griechisch und nicht auf Hebräisch herausgegeben. Bei den Juden und in der evangelischen Kirche gehört es darum nicht zur Bibel dazu. In manchen Ausgaben ist es zusammen mit einigen anderen Büchern in den „Apokryphen“ trotzdem als Anhang dabei. Martin Luther fand, dass Jesus Sirach ein „nützliches Buch“ sei; vielleicht deswegen der heutige Predigttext. Vielen ist es vor allem durch ein Kirchenlied bekannt, das seine Verse aus Jes Sir 50,22-24 gewinnt. Und wer singt, betet bekanntlich doppelt:
Nun danket alle Gott
mit Herzen, Mund und Händen,
der große Dinge tut
an uns und allen Enden,
der uns von Mutterleib
und Kindesbeinen an
unzählig viel zugut
bis hierher hat getan.
Der ewigreiche Gott
woll uns bei unserm Leben
ein immer fröhlich Herz
und edlen Frieden geben
und uns in seiner Gnad
erhalten fort und fort
und uns aus aller Not
erlösen hier und dort.
Lob, Ehr und Preis sei Gott
dem Vater und dem Sohne
und Gott dem Heilgen Geist
im höchsten Himmelsthrone,
ihm, dem dreiein’gen Gott,
wie es im Anfang war
und ist und bleiben wird
so jetzt und immerdar.
Unser Herr Jesus Christus und Gott, unser Vater,
der uns geliebt und uns einen ewigen Trost gegeben hat und
eine gute Hoffnung durch Gnade, der tröste unsere Herzen und
stärke uns in allem guten Werk und Wort. Amen.
Andacht für die hiesige Offene Kirche zum Mitnehmen,
Lied: EG 321 und Segen: 2. Thess 2,16-17.