Wenn Sie eine Diskussion irgendwo zwischen Weltuntergang und Erdbeben ansiedeln wollen, sprechen Sie doch einfach mal über die richtige Zubereitung von Kartoffelsalat. Wir haben das neulich im Bekanntenkreis gemacht – und nein, ich schreibe nicht mehr dazu, ob ich damit den virtuellen oder den, ja was eigentlich, „realistischen“ meine; jedenfalls ging es um Kartoffelsalat und da hört der Spaß bekanntlich auf, egal wo man sich trifft.
Wir amüsierten uns folglich bestens, zogen geographische Grenzen zwischen Mayonaise und Speck und uns gegenseitig mit der jeweiligen Zugehörigkeit auf, um das Ganze dann je nach Anlass wieder über den Haufen schmeißen: „Aber Heiligabend immer mit Mayonaise“ war so ein Argument. „Ich wohne im Süden, mag aber auch den aus dem Norden“ ein weiteres. Da ich eine Oma aus Oberschlesien hatte, kenne ich sogar drei Varianten:
Ausgangsbasis sind in allen drei Fällen und für 3-4 Personen gut 700 g mittelgroße, festkochende Pellkartoffeln, die mit 3 TL Salz je nach Größe 15 bis 17 Minuten bei geschlossenem Deckel gekocht werden. Anschließend kippt man sie in die Spüle, damit das Wasser ablaufen kann und lässt sie knapp 10 Minuten ausdampfen. Nun hält man die Kartoffeln unter sachte fließendes kaltes Wasser, um die Schale mit den Händen abzuflitschen. Fertige Kartoffeln kommen zum Trocknen in eine Schüssel und können anschließend direkt in Scheiben geschnitten und weiterverarbeitet werden, weil sie lauwarm am besten durchziehen.
Außerdem brauchen wir eine große Tasse Gemüsebrühe, in die 1 EL Senf gerührt wurde. Erst ab jetzt fangen die Unterschiede an und zwar indem man folgende Zutaten zu den in Scheiben geschnittenen Kartoffeln gibt:
Norddeutsche Variante
3 hartgekochte und kleingehackte Eier
3 mittelgroße und kleingeschnittene Gewürzgurken
300 g kleingeschnittene Fleischwurst vom Ring
1 kleines Schälchen Fleischsalat (Oma sagte, das muss so.)
250 g Mayonaise
1 EL Senf
Pfeffer aus der Mühle
Das wird jetzt alles miteinander vermischt und folglich eine ziemlich pappige Angelegenheit, die man heutzutage lieber etwas geschmeidiger mag. Die Hälfte der Mayonaise durch (Saure) Sahne zu ersetzen ist eine Möglichkeit, einen Schluck Gurkenflüssigkeit unterzurühren eine andere. Mir schmeckt am besten ein Schwupp Brühe aus der Tasse. Das ist nicht so eckig wie der Gurkensud und auch nicht so fad wie die Sahne.
Süddeutsche Variante
1 entkernte und kleingeschnittene Schlangengurke (nicht zu dünn schneiden)
1 kleiner gewürfelter Apfel
1 mittlere gewürfelte Zwiebel (und ein paar Lauchzwiebeln)
3 EL Weißweinessig in die Tassenbrühe rühren
Pfeffer aus der Mühle
Alles vermischen und die Tassenbrühe schluckweise dazugeben, daran denken, dass die Gurke auch ohne Kerne nochmal kräftig Wasser zieht.
Ich bereite alle drei Sorten Salat am liebsten am Vorabend zu, dann können sie über Nacht durchziehen. Den Rest Brühe, Mayo usw. hebe ich auf, um am nächsten Tag noch einmal abzuschmecken, damit der Salat weder zu trocken noch zu flüssig wird.
Ich kannte es ursprünglich so, dass man zum Abschluss dieses Rezeptes noch einige Esslöffel Öl unterhebt, mache das aber mittlerweile nicht mehr, mir schmeckt dieser Kartoffelsalat auch so. Und wenn die Brühe tatsächlich Gemüsebrühe ist, ist er sogar vegan.
Schlesische Variante
300 g gewürfelter und ausgelassener durchwachsener Speck
mit dem ausgetretenen Fett
1 kleiner gewürfelter Apfel
1 mittlere gewürfelte Zwiebel
3 mittlere gewürfelte Gewürzgurken
3 EL Weißweinessig für die Tassenbrühe
Pfeffer aus der Mühle
So habe ich Kartoffelsalat immer bei meiner oberschlesischen Tante gegessen, wobei sie den Apfel meistens weggelassen hat. Er ist der süddeutschen Variante sehr ähnlich, da gibt es allerlei Mischformen und beide schmecken kalt oder lauwarm.
Ich sagte ja, ich mag sie alle drei, aber nachdem ich innerhalb von zwei Wochen alle einmal nachgekocht habe, bin ich jetzt auch erstmal damit fertig und mit Fischstäbchen auch.