Was bisher geschah

Vorgestern, am Samstag, hielt ich eine Gnadenhochzeit, 70 Jahre Ehe waren zu feiern. Bisweilen und nicht immer, wie ich beim Nachsehen feststellte, bringe ich bei Trauungen oder Ehejubiläen eine Predigtbeigabe mit, die zu dem Paar und seiner Geschichte passt. Ein Spieß, eine Familie von Gummitausendfüßlern, ein Kochlöffel und ein kleiner Teddy waren schon dabei. Dieses Mal wurde es ein Wirsing.

Ein kleiner Kopf Wirsing neben Altarblumen und brennender Altarkerze.

Nach Erntedank hatte ich den langen Schlauch an Gottesdiensten, Taufen und Beerdigungsvertretungen endlich hinter mich gebracht und alles geklärt, was zu klären war. Mein Kollege und ich machten außerdem aus, dass wir Taufen wenn möglich wieder auf den 2. Sonntag des Monats legen, um Gottesdienste und Tagesgeschäft besser planen zu können. Der große Schwung im Spätsommer kam durch den Nachholbedarf, der sub conditione coronae entstanden war. Über jede einzelne Taufe habe ich mich gefreut, doch war es zusammen mit allem Weiterem ziemlich viel. Mittlerweile bin ich wieder in ruhigerem Fahrwasser angelangt. Hinzu kam eine Beerdigungsflaute in den letzten Wochen, sodass ich wirklich durchatmen konnte.

Damit wollte ich eigentlich in Berlin anfangen, wo ich mir einiges vorgenommen hatte und mich außerdem verabreden wollte. Statt dessen war ich zu Beginn der Reisewoche erstmal zwei Tage krank. Irgendwas mit Stress und Wechseljahren, ich erspare mir die Einzelheiten. Mittlerweile bin ich dem wieder entstiegen, das Klimakterium macht an anderer Stelle weiter. Die Ärztin gab mir bei der Vorsorge eine Telefonnummer, um mich damit genauer zu befassen.

PPT-Folie über "kathedrale Elemente auch in der römischen / benediktinischen Vesper?" Mit Auflistung.

Nach Berlin fuhr ich jedenfalls einen Tag später als geplant und dank Bahn gleich so verspätet, dass ich ohne Mittagspause vom Hotel direkt weiter musste. Die #ZweiHerren wurden solange wieder von der Katzenlady versorgt und freuten sich sehr, als sie den Schlüssel abholte. Der #NeoKater zeigte Bella Figura mit durchgedrückter Brust, gespitzen Ohren und aufgestelltem Schwanz und sogar der #DiätKater warf sich ins Zeug. Die Beiden sind bei der Katzendame bestens aufgehoben, das war nicht zu übersehen.

Ich nahm derweil an einem Kolloquium zur Geschichte des frühreformatorischen Stundengebetes in Berlin und Leipzig teil. Das war fachlich hochinteressant, aber die akademischen Sitten und Gebräuche fand ich schon ein wenig eigenartig. Dass man sich auch im 21 Jh. immer noch hinter dem Katheder verkriecht, um sein Script Wort für Wort vorzulesen, hatte ich nicht mehr erwartet und die steife Förmlichkeit während der Kaffeepausen auch nicht. Dabei waren alle sehr freundlich und fachlich wirklich hochkarätig. Ich schwelgte im dargebotenen Wissen und öffnete zu Hause motiviert den ersten Aktenordner, sobald ich Zeit dazu fand.

Blick aus den Panoramafenstern des Seminarraums auf Altes und Bodenmuseum.

Trotzdem verließ ich das Symposium einige Stunden vor dem offiziellen Abschluss, denn Bob Dylan war zu drei Konzerten in der Stadt und natürlich hatte ich mir für eines davon (das mittlere) eine Karte gekauft.

Dylan ist bekannt dafür, dass er Handys nicht ausstehen kann und ließ sie dieses Mal in speziellen Schaumstofftaschen verschließen. Wer trotzdem eins reinschmuggelte und erwischt wurde, wurde rausgeschmissen, selbst beim letzten Lied noch. Und wären da nicht die üblichen Dylan-Konzert-Anfänger gewesen, die dieses Mal bis zum Ende des fünften Songs brauchten, um zu raffen, dass es bei Bob Dylan eher wie in der Oper statt wie bei einer Rockband zugeht, wäre die Ruhe im Publikum wirklich großartig gewesen. Dabei war ich erst skeptisch, ob ich Dylan die Handytaschen „verzeihen“ könnte. Doch als es so weit war, hatte er mich schnell überzeugt.

Das Konzert selbst war der absolute Hammer! Dylan hatte super Laune und quasselte für seine Verhältnisse wie ein Wasserfall, bis dahin, dass er drohte abzubrechen, wenn weiter irgendwelche Idioten ihre reingeschmuggelten Handys hochhielten. Aber das klang nur noch halb so schlimm, als er dem ein gedehntes „Come on“ hinterherschickte, für das wir den Handyspinnern schon fast wieder dankbar waren.

Eintrittskarte zum Konzert

Ich bin mittlerweile bei einigen Auftritten von Bob Dylan gewesen, tue mich mit seinem Spätwerk aber trotzdem ein bisschen schwer. Doch dieses Mal fand ich endlich einen Zugang. Vielleicht weil der Vortrag insgesamt weicher und harmonischer klang als vor der Coronapause. Weniger Staccato, mehr Zusammenspiel von Gesang und Rezitation.

Beseelt fuhr ich anschließend mit dem Taxi ins Hotel zurück. Dort kam ich schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen an. Dass das Hotel in einer Seitenstraße lag, die für die Pausen der Straßenbahnen vorgesehen war, fand ich nicht schlimm. Aber alles Weitere war einfach unglaublich schlecht: Schwarze Möbel in für diese Farbgebung zu kleinen Räumen und ein „Service“, der sich im Zweifel am vermeintlichen Trend statt an den Bedürfnissen der Gäste orientierte. Kaum war ich abgereist, mailte mir die Hotelkette einen Feedbackbogen. Ich machte davon ungeschminkt Gebrauch.

Biergärten mit Lampions auf dem Hackeschen Markt bei Nacht.

Zu Hause ging es für drei Wochen entspannt mit dem Dienst weiter, bis ich morgen, ab Allerheiligen, noch einmal knapp zwei Wochen Urlaub habe. Eigentlich wollte ich dann auf den Kirchberg gefahren sein, doch der ist ausgebucht. Das ist andererseits ganz gut, weil ich mich nun einer privaten Sache widmen kann, ohne gleichzeitig dorthin zu wollen.

Vielleicht fahre ich statt dessen spontan für ein bis zwei Tage weg oder mache einen Ausflug. Sicherheitshalber habe ich in der Hood Archery schon einmal neue Pfeile bestellt, mit der Option sie selbst abzuholen und zum Schießen eine Weile in der Halle zu bleiben.

Ansonsten denke ich immer noch gern an die Tage in der Hauptstadt zurück, auch wenn ich sie zu einem Gutteil anders geplant hatte. Zum ersten Mal bin ich in einer Ecke von Berlin gelandet, die ich nicht potthässlich fand. Es gab kleine Gassen, Cafés, Bistros und Läden, statt dass jedes Haus wie ein Krankenhaus und jede Straße wie eine Landebahn aussahen. Durch die Panoramafenster in unserem Seminarraum in der Ev.-theologischen Fakultät konnte man sogar vom Dom bis zum Bode-Museum schauen, die direkt an der anderen Straßenseite lagen.

Blick auf die Kuppel der Neuen Synagoge unter blauem Himmel in der beginnenden Abendsonne.

Denn es ist ja so, dass ich die Hauptstadt immer auch als Touristin besuche. Dafür habe ich jetzt zum ersten Mal ein Packende gefunden: Ich war am Hackeschen Markt gelandet, im Geviert mit dem Berliner Dom, den wir während des Kolloquiums besichtigten, Museumsinsel und Neuer Synagoge. In die wäre ich gerne gegangen, es gibt direkt daneben ein Museum, wo viel Betrieb war. Das kam mir wegen Jom Kippur, das genau auf diese Tage fiel, jedoch nicht passend vor. Aber vielleicht war sie ohnehin geschlossen und nur das Museum geöffnet. Ich habe nicht versucht, es herauszufinden. Durch das Symposium und Bob Dylan hatte ich für dieses Mal ja auch Eindrücke genug.