Auf diesem Kirchentag hatte ich geplant, nur zu den beiden Veranstaltungen zu kommen, die ich mitgestalte. Anschließend würde ich im Hotel übernachten, weil es nach halb neun keine Zugverbindung mehr ins ostwestfälische Outback gibt und am nächsten Tag nach einem Besuch bei Frau K. zurückfahren.
Das fügte sich glücklich, denn bevor es soweit war, bin ich für fünf Tage im Krankenhaus gelandet. Der Blutdruck war zu hoch, ich spüre das offenbar relativ schnell und deutlich, denn alles Andere konnte in diversen Untersuchungen ausgeschlossen werden.
Die Ärzte lobten meine in der Fastenzeit begonnene Ernährungsumstellung und ergänzten sie um eine Tablette, die ich seit dem jeden Morgen nehme. Außerdem wollte der Hausarzt, dass ich noch ein paar Tage mit der Gemeindearbeit aussetze, aber etwas Schönes unternehme, statt zu Hause auf die Wände und meinen Herzschlag zu starren. Mein Kirchentagsausflug war dafür genau das Richtige. Und das war das.
Also auf nach Dortmund, nachmittags zu einem multireligiösem Workshop mit Kleeblatt und abends zusammen mit dem Kollegen Christoph Breit die allererste #twomplet auf dem Kirchentag halten. Schön war’s! Wir hatten ein intensives Gespräch mit den Teilnehmer_innen des Workshops, für das wir die angesetzten zwei Stunden voll ausschöpften und das mich ebenfalls sehr bereicherte.
Die #twomplet erhielt bereits am Abend gute Resonanz, wobei ich mir die Zahlen noch nicht angeguckt habe, zumal am Freitag und am Samstag auch noch vorgebetet wurde. Und ich traf viele Leute aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, allein dafür hat sich die Fahrt gelohnt.
Auch wenn ich nicht lange auf dem Kirchentag war, konnte ich zumindest einen kleinen Eindruck über die #digitaleKirche gewinnen, derentwegen ich hingefahren war. Ach, ach, die Struktur. Es tut sich etwas in der evangelischen Kirche, zumindest was das Internet betrifft, aber es scheint noch recht unausgegoren zu sein:
Es gibt einen digitalen Oberindianer der EKD, aber keinen Kirchentagsstream. Man öffnet sich für geistliche Social-Media-Angebote, doch dafür dass diese autonom sind (wie die #twomplet), gab es bei der Anmeldung keine Rubriken. Erste hauptamtliche Social-Media-Pfarrerinnen auf Kirchenkreisebene tauchten mit Angeboten und als Referenten auf, aber der Kirchentag teilte per Handout mit, dass Diskussionsbeiträge auf Veranstaltungen per Handzeichen oder via Zettel und Stift abgegeben werden müssen. Meine aktuelle Adresse vollständig und korrekt in die Datenbank einzutragen, ist bis zum Schluss nicht gelungen.
Wir befinden uns in einer Übergangszeit aus „wenn ich die #digitaleKirche nicht sehe, sieht sie mich auch nicht“ und der Erkenntnis, dass das Internet wirklich nicht mehr weggeht. Jetzt wird der Kuchen verteilt und in den Gremien gilt jeder, „der ein Handy richtig herum halten kann“, wie eine Freundin mit Blick von außen bemerkte, als kompetent.
Wohin das führt, weiß ich nicht und hebe mir meine Unkenrufe für einen anderen Ort auf. Was ich mir aber wünsche, ist, dass das Engagement der vielen Kirchenfernen, Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen ohne speziellen Internet-Dienstauftrag nicht verlorengeht. Kirchliche Strukturen können wie ein Staubsauger sein, der alles verschluckt, was ihm im Weg steht. Man hat die Pfarrschwemme (ja, die gab es mal, liebe Kinder) in den 80-ern dafür verantwortlich gemacht, dass die ev. Kirche zu einer Kirche der Hauptamtlichen wurde; für alles ist die Pfarrer_in verantwortlich und was sie nicht tut, vergeht. Im Internet wird es auch Aufgabe der Engagierten sein, sich das Heft nicht wieder aus der Hand nehmen zu lassen. Wer nicht auf irgendwelchen Pöstchen sitzt, ist strukturell nahezu unsichtbar. Das ist auch eine Chance!
Die #digitaleKirche lebt mittlerweile von so vielen Aktiven, dass diese sich wie von selbst in thematische Cluster aufteilten, die man auf dem Kirchentag kaum alle besuchen konnte. Es brauchte ein Netzgemeindefest, um sie wieder zusammenzubringen. Im Lutherjahr 2017 feierten wir die „Kirche der Freiheit“. Das könnte die #digitaleKirche sein, einfach weil sie über alle Generationen hinweg jung genug und unverkrustet ist. Ich hoffe sehr, dass das noch lange so bleibt.
Das obere Bild zeigt St. Josef, den Patron des hiesigen Hospitals, als Skulptur in der Krankenhauskapelle und das untere Foto die Twitterwall bei der #twomplet in der Kapelle des Dortmunder Franziskanerklosters, dazu Kreuz, Kerze und Ambo.