Eigentlich hätte ich am 3. Advent Gottesdienst gehabt, dachte ich zumindest. Aber da gibt es in der Gemeinde später am Tag Adventsmusik, der Gottesdienst morgens fällt aus. Statt also die Predigt zu schreiben, sitze ich am helllichten (naja) Donnerstag Nachmittag bei Tee, Schokolade und Kerzenschein im Wohnzimmer. Johann Sebastian Bach adventskantatet leise im Hintergrund, während ich blogge.

Nach Michaeli wechselte ich in eine neue Gemeinde, die zum „Bible Belt“ der hiesigen Innenstadt gehört. Ich hätte sie mir darum nie und nimmer selbst ausgesucht, die theologischen Differenzen sind einfach zu groß. Aber ich muss zugeben, dass es sich bisher gut anlässt. Die Zusammenarbeit mit dem Kollegen ist unkompliziert und warmherzig. Dienstgespräch (vorerst auf Zoom) alle drei Wochen, kaum länger als eine Dreiviertelstunde und möglichst nicht vor zehn, genau nach meinem Geschmack. Alle Leute, mit denen ich bisher zu tun hatte, sind freundlich und offen. Nur zur letzten Presbyteriumssitzung bin ich nicht gegangen. Ich fand eine physische Sitzung mit Punsch und Keksen einfach nicht angemessen.
Immerhin halten die meisten anderen Gemeinden die „dringende Empfehlung“ ein, alles außer Gottesdiensten und Bildung (Kinder und Jugendliche) auf Zoom zu verlegen oder ausfallen zu lassen.
Was Weihnachten betrifft, wird trotzdem, so weit ich das wahrnehme, allerorten um Lücken und Auslegungsmöglichkeiten in den Coronaverordnungen gefeilscht. Auch mit Ungeimpften habe ich in verschiedenen, mir völlig unbegreiflichen Zusammenhängen mittlerweile zu tun gehabt.
Nur die Beerdigungsunternehmen befolgen die Regeln immer konsequent, ob empfohlen oder angeordnet. Da ich mit dem freien Teil meiner Springerstelle im Kirchenkreis ziemlich herumkomme, kriege ich das mit. Es wundert mich nicht.
In mir verfestigt sich darum die Meinung, dass es nicht nur die Radikalen und die Impfverweigerer sind, die den Weg aus der Pandemie erschweren, sondern die Gedankenlosigkeit der Vielen. Der alten Dame mit der verrutschten Maske, die durch den Supermarkt flitzt, kann man vielleicht ausweichen. Wenn sie einen vor dem Gottesdienst beiseite zieht, weil sie einem noch etwas zuflüstern will, geht das nicht mehr. Der oder die in Pfarrkreisen berüchtigte „Ich bin’s doch nur“ taucht nicht mehr allein am Telefon oder an freien Tagen auf. Bei Corona mischt er ebenfalls kräftig mit, nicht nur ehrenamtlich. Dazu kommt noch Omicron und macht die Dreifachimpfung zum neuen Mindeststandard.
Glücklicherweise konnte ich mir die Boosterimpfung bereits Mitte November abholen. Der ASB hatte ein Impfzelt aufgebaut und vergab Termine, ohne das Datum der Zweitimpfung zu kontrollieren. So bekam ich meine dritte Impfung bereits nach vier Monaten plus zwei Stunden Schlangestehen. Der Arzt und ich waren uns im Vorgespräch einig: Am 13. Januar, wenn ich meine sechs Monate erreicht hätte, sind Weihnachten und Silvester mit ihren vollen Kirchen vorbei. Das Update musste darum eher her, damit der Impfschutz zu den Festtagen wieder aufgebaut ist. Insgesamt bekam ich als Pfarrerin von den Impfärzten sehr viel Wertschätzung für meine Arbeit, zwei Mal verbunden mit dem Bekenntnis, selbst gläubig zu sein.

Für den Booster hatte ich mir Moderna ausgesucht, doch kurz bevor ich dran kam, waren die Dosen aufgebraucht und es mussten neue aus dem Lager geholt werden. Da bin ich wieder auf BioNTech umgeschwenkt, weil ich Schiss hatte, dass hinterher kein Moderna mehr da ist und sie mich ungeimpft nach Hause schicken.
Wobei der ASB wirklich gute Arbeit macht, ich nahm dort erst kürzlich zur Auffrischung an einem Erste-Hilfe-Kurs teil. Aber mein Vertrauen in die Politik ist, was den Organisations- und Gestaltungswillen bei Corona betrifft, ziemlich ramponiert. Ich hoffe, dass es mit der neuen Regierung besser wird.
Die Impfung selbst steckte mir zwei, drei Tage in den Knochen. Ich fühlte mich matschig und schlief in der ersten Nacht wie weggetreten fast bis mittags. Da dies die erste Impfnebenwirkung ist, an die ich mich jemals erinnern kann (der Impfarm zählt nicht), maß ich dem wenig Bedeutung bei.
Die #ZweiHerren haben medizinisch auch größeres hinter sich. Alterstypisch erhielten sie eine Zahnsanierung mit Vollnarkose und großem Blutbild. Ich hatte hier einen Tierarzt mit mehreren Mediziner:innen und separater Katzenpraxis gefunden.
Leider ist dort meistens eine Tierärztin im Dienst, von der ich mittlerweile weiß, dass sie auf Maximallösungen abfährt und diese auch ungehemmt vorschlägt: Infusionstherapie, Bauchkatheter zur Uringewinnung, erneutes Blutbild bei einem abweichenden Wert ohne Symptome – alles ist möglich. Aber nicht mit mir und nicht mit zwei Seniorkatern von 13 und 16 Jahren aus dem Tierheim. Als ich die #ZweiHerren zum Behandlungstermin abgab, hinterließ ich darum eine unmissverständliche Patientenverfügung.
Wobei es mir nicht ums Geld geht. Die Zahnbehandlung belief sich mit allen Folgekosten (der #DiätKater hatte vor lauter Aufregung hinterher eine Blasenentzündung bekommen) auf einen unteren vierstelligen Betrag. Doch auch für Katzen gilt, dass man nicht alles machen muss, was geht. Schon gar nicht, wenn sie umgerechnet 70 und 80 Jahre alt sind. Nicht zuletzt haben Ärztin und Assistentin beim Kassieren versucht, mir noch Blasentropfen für den #DiätKater unterzujubeln, obwohl das während der Untersuchung nicht besprochen worden war. Wenngleich die Ärztin die #ZweiHerren nicht operiert hat und ansonsten gut und einfühlsam mit ihnen umgeht, bin ich daher drauf und dran die Praxis zu wechseln.
Insgesamt war der Herbst bisher ziemlich anstrengend. Die Gemeinde, die Tierarztpraxis, der Steuerberater, mehrere Handwerkstermine – das sind immer noch viele Neuerungen am Stück. Ich bin daher dankbar, dass jetzt wenigstens Winterzeit ist. Ich schlafe dann einfach besser und habe ohnehin das Bedürfnis, mich in meine Höhle zu verziehen. Dass ich wegen der hohen Inzidenz nicht mehr ins Schwimmbad und zur Aquagymnastik gehe, war so allerdings nicht geplant. Und dass ich aus Gründen, die nicht hierher gehören, zurzeit wieder regelmäßig mit Herrn ExTuss telefoniere, auch nicht.